Die Sprache ist einer der für mich faszinierendsten Faktoren an Italien. Gut, zugegeben, ich hab eben auch ein Sprachfaible.
Italienisch aber ist nicht nur eine der ältesten und originärsten europäischen Sprachen, sie bietet als Lateinableger vor allem für den gemeinen Germanen so einige Stolperfallen. Und ja, ich trete mit zuverlässiger Regelmäßigkeit hinein.
Besonders bei Redewendungen oder bei Konstruktionen, die man einfach häufig benutzt, kann es bisweilen fatal werden, diese eins-zu-eins zu übersetzen.
So klopft man in Italien nicht auf Holz (*bussare legno), sondern berührt Eisen (toccare ferro). Und die Kirschen, die aus Nachbars Garten schmecken auch nur den Deutschen besser (*le ciliegie del vicino gustano meglio (ok, das tut selbst mir ein bisschen in den Ohren weh)). Die Italiener halten’s, wie die Engländer oder Amerikaner eher mit dem grüneren Gras (l’erba del vicino è sempre più verde).
Aber gut, Redewendungen sind feste Konstruktionen. Das muss man einfach auswendig lernen. Da gibt’s nix.
Die kleineren, aber auch wesentlich fieseren Fallen sind die im Alltagsdiskurs versteckten. Sei es durch die Positionierung im Gesagten oder schlicht der Formulierung wegen. (Im schlimmsten Fall beides, autsch.)
Wenn ich zum Beispiel nachdrücklich betonen will, dass man mir etwas glauben kann, passiert es mir ständig, dass ich voller Inbrunst versichere: credimi. Was eine wörtliche Übersetzung von glaub mir ist.
Im Italienischen allerdings wird korrekterweise eigentlich ein: fidati draus. Was man – wörtlich – wohl am Ehesten mit: vertrau mir oder verlass dich drauf übersetzen könnte.
Dass das bisweilen zu konsternierten Blicken oder Momenten der Stille, in denen mein Freund erstmal nachdenken muss, was ich gemeint haben könnte, sorgt … geschenkt.
Ich glaub’, mein für mich selbst peinlichstes Erlebnis hatte ich bisher, als ich in Mailand am Ticketschalter ein Zugticket kaufen wollte und von dem Servicemenschen hinter dem Pult wissen wollte, ob ich denn den nächsten Zug zeitlich noch schaffen würde.
Das kleine Wörtchen schaffen, das im Deutschen für sich genommen stehen kann, wie bei Du schaffst das schon oder Ich schaff’s heute nicht, wird mir im Italienischen immer wieder zum Verhängnis. Weil ich es genau so gebrauche, wie im Deutschen.
Die Italiener verwenden riuscire (schaffen) aber tatsächlich eigentlich ausschließlich in der Kombination + a fare qualcosa, sagen also eigentlich immer schaffen, etwas zu tun.
Unser – von wegen die deutsche Sprache sei kompliziert – einfaches Ich schaff’s heute nicht mehr wäre also ein Ich schaff’s heute nicht mehr zu kommen. Beispielsweise.
Ich glaube, der Schaltertyp am Mailänder Bahnhof fragt sich wohl bis heute noch, was ich denn wohl gemeint haben könnte.
Aber – es gibt ja immer ein ‘aber’ – es gibt auch bei den Italienern eine Art Pendant zu unserem deutschen Schaffen: machen. Die Italiener machen.
Die Deutschen schaffen, die Italiener machen. So wird aus: ich schaff’s heut nicht mehr, ein oggi non lo faccio più.
Die Sache ist jetzt nur die. Das zu wissen, ist eins. Das in der Schnelligkeit des Diskurses immer zu bedenken, eine ganz andere. Ich schaff’s (← ja, das war Absicht) bis heute nicht immer, es zu berücksichtigen.
Machen ist aber ohnehin ein recht mächtiges Wort im Sprachgebrauch meiner Lieblingssüdländer.
Gut, ’nen Kaffee kann man auch im Deutschen machen statt kochen (fare un caffè).
Aber sich eine Dusche zu machen (farsi una doccia), auf die Idee käme wohl nur ein deutscher Sanitärinstallateur. Allerhöchstens noch ein Hobbyheimwerker. Wenn dann aber plötzlich etwas Wasser macht (fare acqua = lecken), braucht man sich wirklich nicht wundern.
Im Winter macht es kalt (fa freddo) und im Sommer macht es warm (fa caldo).
Auch einen Gefallen tut man dem Deutschen strenggenommen, dem Italiener macht man ihn (fare un favore a qualcuno) – wobei ich sagen muss, dass auch die deutsche Form mit machen immer häufiger zu hören ist, wie mir scheint. Aber, ehrlich gesagt, ich find’, dass die ganz schön schei*e ist (fare cagare / schifo).

Die Liste von Übersetzungen für das Wörtchen machen im Italienischen scheint unbezwingbar lang. Und so sehr wie es für den ein oder anderen Stolperstein sorgen kann, so sehr vereinfacht es die Sprache auch ab einem bestimmten Punkt. Im Zweifelsfall, macht man einfach alles.
Zum Beispiel eine Straße – fare strada heißt nicht etwa, eine Straße zu machen im Sinne von ’sie zu bauen’, sondern sie entlang zu gehen.
Überhaupt, gehen. Gehen ist ein weiteres, unscheinbares aber sehr mächtiges Wort.
So passt (commettere) das neue Oberteil nicht zu der Hose, es geht gut (andare / va bene) mit der neuen Hose zusammen.
Vielleicht bin es ich, dass ich “zu kompliziert” denke, aber manchmal stolpert man gerade ihrer Einfachheit halber über die einfachsten Dinge.