I vestiti non fanno il monaco

Ich habe nun also heute – gezwungenermaßen – wieder deutschen Boden unter den Füßen und sitze einigermaßen ernüchtert – wie immer – vor meinem Laptop. Ich weiß ehrlich nicht, wie lange ich dieses Hin-und-Her-Tingeln noch durchhalten soll. Rein emotional. Aber letztlich sind auch meine Urlaubstage auf Arbeit begrenzt.  Genaugenommen, werden sie nach einem – endlich mal ein wenig länger – zwei-wöchigen Aufenthalt in Italien im August auch soweit aufgebraucht sein. Übrig bleiben gerade noch 5 und die sind eigentlich, sollte es keine größeren Vorkommnisse geben (und ja, akute Sehnsuchtsanfälle zählen als große Vorkommnisse), für Weihnachten reserviert. Emotional ist es ohnehin eine Zerreißprobe und ich hab spätestens einen Tag vor Abreise immer wieder mit mal kürzeren, mal längeren Tränenflüssen zu kämpfen. Auch wenn ich natürlich stets bemüht bin, mir das Geheule zumindest bis am Tag der Abreise zu verkneifen, damit ich nicht wertvolle Zeit zu zweit der Traurigkeit opfere.

Klappen tut das eher so suboptimal. Und so kann ich zumindest von dieser Italienreise behaupten, dass ich’s bis auf zweimal erfolgreich unterdrückt habe. Die dezent verdrückten Tränen und wässrigen Augen heute morgen im Zug, dann im Bus, dem Flugzeug, beim Warten auf den Shuttle und nun gerade während der Shuttlefahrt zählen selbstverständlich nicht, denn ich bin ja schon abgereist oder war gerade dabei abzureisen. Und dass ich nachher zu Hause erst einmal die Heulsuse geben werde, wenn keiner guckt, ist ohnehin schon vorprogrammiert.

Wie. Dem. Auch. Sei.

Wir haben auch den gestrigen Sonntag bei supertoll sonnigem Wetter am Strand verbracht, ich hab meine sonnenbrandgeschädigte Haut gekonnt mittels Einsatz von Sonnencreme (hätte ich auch mal früher drauf kommen können) vor weiteren Brandschäden bewahrt und sogar am Rücken und an den Unterschenkeln doch noch etwas Farbe bekommen. Ganz ohne Verbrennen. Natürlich haben auch am Sonntag wieder literweise Salzwasser meine meerunerfahrenen Kehlen und Lippen benetzt, aber dafür ist meine Haut auch an etwas sensibleren Stellen echt toll. Meersalzpeeling sei Dank. Quasi. ;) Nun, zumindest Meersalzpeeling in Kombination mit Verbrennungen auf der obersten Epidermisschicht. Auch wenn das vielleicht nicht unbedingt die von Hautärzten empfohlene Version ist. Und zumindest von dem Sonnenbrand werde ich wahrscheinlich zehren können, bis ich den nächsten Flug antrete (3 Wochen und 3 Tage ziemlich genau).

Je. Den. Falls.

Wir waren also am Strand und durften bereits seit einigen Tagen den Familiensonnenschirm-mietplatz in erster Reihe von zio Francesco benutzen. Wie zu erwarten, waren sowohl zia Michaela, als auch der zio selbst und ihre Kinder da. Als es Zeit für den aperitivo wurde, wurden wir von besagtem Onkel auf Bier und Chips eingeladen und es folgte ein Gespräch darüber, dass er, wo er ja so viele Freund- und Bekanntschaften pflegt und auch im Rahmen seiner Funktion als Finanzier insgesamt gute Kontakte hat, sich einmal umhören könnte, ob sich für meinen Freund nicht irgendwo eine Arbeitsstelle auftreiben ließe. Für eine vielversprechende Sache im nahegelegenen Vasto (ja, dort, wo ich letztes Mal dank Bahnstreik gestrandet war) sollte er ihm heute Morgen seinen Lebenslauf vorbeibringen oder emailen. (Eine Runde Daumendrücken bitte!)

Worauf ich eigentlich hinauswill: Im Laufe dieses Gespräches kam es auch auf, ob und wenn ja wie weit man sich selbst verändern sollte für eine Stelle. Wie ich nämlich dann lernte gibt es in Italien eine Redewendung, die da besagt: I vestiti non fanno il monaco. Zu Deutsch: Die Kutte allein macht noch keinen Mönch. Oder, um’s mal mit einer ins Gegenteil verkehrten, klassischen, deutschen Redewendung zu sagen: Kleider machen keine Leute. Genau das Gegenteil dessen also, was wir hier in Deutschland pflegen.

Ich erinnere mich durchaus, dass meine Mutter in meiner Jugendzeit mich mit besagtem Sprichwort (Kleider machen Leute) stets davon zu überzeugen versucht hat, meine Kleiderwahl nochmal zu überdenken, weil ich mir sonst spätestens im Berufsleben damit selbst im Weg stehen würde. Nun, sagen wir so. Sicher hat Sie nicht ganz unrecht. Zu oft wird bei uns mehr darauf geachtet, dass ein Kandidat gut angezogen ist, als ob unter der tollen Schale auch ein fähiger oder gar kompetenter Kern steckt. Ich als – auch sichtbar – Tätowierte kann davon ein Lied singen, wie gern man für weniger gebildet oder fähig gehalten wird im Vergleich zu schnöselig, gutverpackten Jungyuppies jetzt. Ich meine, ich würde auch nicht in einer Bank arbeiten wollen und wieder einmal mehr stelle ich fest, wieviel Glück ich mit meiner Arbeitsstelle habe und wie unverschämt viel Glück ich hätte, dürfte ich diese Arbeit von zu Hause aus (wo auch immer dies dann sein sollte) machen dürfte. Keine Kleiderordnung und Tattoos sind sowieso auch gar kein Problem.

Umso mehr freut mich das Wissen um diese Einstellung oder diesen Ethos der Italienier. Denn wer auf Äußerlichkeiten mehr Wert legt, als auf das, was in einem Menschen steckt – egal ob hinsichtlich Fähigkeiten und Ausbildung oder in Sachen Persönlichkeit und Charakter -, wird mittel- bis langfristig zu spüren bekommen, dass er auf’s falsche Pferd gesetzt hat. Bis das aber in Deutschland so richtig ankommt, wird’s wohl noch etwas dauern. Wenn es sich überhaupt nochmal ändern sollte. Denn solche Redewendungen kommen nicht von ungefähr und halten sich vor allem nicht ohne Grund. Klar, dass man sich in Deutschland einen hochrangigen Ministerposten erschlafen kann, davon sind wir, Gott sei Dank noch ein gutes Stück entfernt. Aber dass Kleider angeblich Leute machen habe ich schon immer für ein Gerücht gehalten. Und tue es noch. Zumal wenn man sich so manchen Luftikus in Industrie und Wirtschaft einmal etwas genauer betrachtet und sich fragt, was außer einem vielleicht maßgeschneiderten Anzug und das Talent, sich besser verkaufen zu können, als man ist, ihn oder sie nun für seinen Posten qualifiziert?!

Jedenfalls bin ich vollster Befürworter, dass man so eine Einstellung den Menschen gegenüber durchaus auch hier einführen sollte! Am besten ich geh das Ganze gleich mal mit dem monaco besprechen, der hier zufällig mit im Shuttlebus sitzt… :D

So. Und nun gehe ich ein bisschen dem gepflegtem Tränenkullernlassen nach….

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